Aktuelles aus Afghanistan: Informationen aus den wöchentlichen Briefing Notes des BAMF vom 25. August 2025

1. Regierungsführung und Verfolgungslage


Das von den Taliban geführte Ministerium für Arbeit und Soziales erklärte den 19. August anlässlich des 106. Jahrestags der Unabhängigkeit des Landes von Großbritannien zum Feiertag. Laut lokalen Berichten aus der Region Rashk im Distrikt Punjab in der Provinz Bamiyan hätten die Taliban Häuser beschlagnahmt und an nomadische Kochis übergeben. Die Betroffenen seien zur Unterzeichnung von Dokumenten zur Zwangsübertragung gezwungen worden. Denjenigen, die sich weigerten, sei mit Haft gedroht worden. Einige Familien seien vertrieben worden und lebten nun in provisorischen Zelten.


Am 21.08.25 hätten sog. Sittenwächter der Taliban laut lokalen Quellen im 11. Bezirk von Kabul mehrere Frauen festgenommen. Den Familien sei mitgeteilt worden, dass sie 20.000 AFN (rd. 250 EUR, Stand: 25.08.25) zahlen müssten und die Frauen eine Nacht im Gefängnis verbringen würden. Einige der Frauen wurden am 22.08.25 wieder freigelassen, andere wären weiterhin in Haft geblieben. Sie trugen zum Zeitpunkt ihrer Festnahme die von den Taliban vorgeschriebene Form der Verschleierung. Bereits zuvor haben die Taliban Dutzende Frauen in Zentral- und West-Kabul festgenommen und ihnen vorgeworfen, sich nicht an die Bekleidungsvorschriften gehalten zu haben.


Das Tugendministerium der Taliban habe Lehrenden und Studierenden aller öffentlichen und privaten Universitäten verboten, in westlicher Kleidung am Unterricht teilzunehmen. Gemäß der Anweisung dürfen Männer keine vor Ort als westlich bezeichneten Hemden, Hosen oder Anzüge mehr tragen. Die Anordnung verlangt zudem, dass Haare und Bärte den Standards der Taliban entsprechen. Bei Verstößen werde zunächst eine Verwarnung ausgesprochen, wiederholte Verstöße könnten jedoch strikter sanktioniert werden. Diese Maßnahme ist die jüngste Einschränkung, die Bildungseinrichtungen seit der erneuten Machtübernahme der Taliban im August 2021 auferlegt wurde. Die Taliban haben bereits die Geschlechtertrennung durchgesetzt, konservative Kleidungsvorschriften eingeführt und Mädchen ab der sechsten Klasse vom Schulbesuch ausgeschlossen. 


Wie Quellen aus dem Bildungsministerium der Taliban berichten, seien neuerlich mehrere Mädchenschulen in Kabul geschlossen worden. Den Quellen zufolge würden die Taliban die Lizenzen für bestehende Mädchenschulen nicht mehr verlängern und keine neuen Genehmigungen mehr erteilen. 


Am 22.08.25 sei in Herat ein Mann durch die Taliban erschossen und sein Leichnam öffentlich zur Schau gestellt worden. Zeugen berichteten, dass der Mann an einem alten Panzer im belebten Kandahar-Gate-Viertel von Herat aufgehängt worden sei. In sozialen Medien kursierten Videos, in denen Taliban auf den Leichnam einschlugen und den Getöteten als mutmaßliches Mitglied einer bewaffneten Oppositionsgruppe beschuldigten, der zwei Taliban-Mitglieder getötet haben soll.


2. Präsenz bewaffneter Gruppen


In einem am 01.08.25 veröffentlichten Bericht schätzt das Büro des UN-Generalsekretärs, dass der ISPK in Afghanistan über etwa 2.000 Kämpfer verfüge. Die Gruppe rekrutiere nicht nur vor Ort, sondern auch in zentralasiatischen Staaten, im russischen Nordkaukasus und unter unzufriedenen Kämpfern anderer militanter Gruppen weiterhin neue Mitglieder. Laut dem Bericht habe die von Sanaullah Ghafari (auch bekannt als Shahab al-Muhajir) geführte Gruppe Angriffe auf schiitische Gemeinschaften, die Taliban-Herrscher Afghanistans und ausländische Personen priorisiert. Zwar haben die militärischen Operationen der Taliban einige Ressourcen des ISPK eingeschränkt, laut der UN operiert die Gruppe jedoch weiterhin.


Der pakistanische Außenminister hat die Taliban erneut dazu aufgefordert, konkrete und überprüfbare Maßnahmen gegen militante Gruppen zu ergreifen, die afghanisches Territorium für grenzüberschreitende Angriffe nutzen. Insbesondere nannte er die Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) und die Baloch Liberation Army (BLA).


Laut pakistanischen Medien sollen die Taliban der Familie von Noor Wali Mehsud, dem TTP-Anführer, sichere Zufluchtsorte zur Verfügung stellen und sie monatlich mit 3 Mio. AFN (rd. 38.000 EUR, Stand: 25.08.25) ausstatten. Das Geld werde für den Kauf von Waffen, den Aufbau der logistischen Infrastruktur und die Planung komplexer, mehrstufiger Angriffe verwendet. In den vergangenen zwei Jahren habe die TTP dem Bericht zufolge Rekrutierungs- und Ausbildungszentren in den afghanischen Provinzen Kunar, Nangarhar, Paktika und Khost eingerichtet. In diesen Einrichtungen sollen ideologische Unterweisung, Waffenausbildung und logistische Planung angeboten werden. Einige der Rekruten sollen aus den Reihen der Taliban stammen, nach Pakistan einreisen und dort Selbstmordattentate und Anschläge durchführen. Die afghanischen Taliban bestreiten dies.


3. Abschiebungen aus Iran und Pakistan


Laut Medienberichten hätten Abschiebungen afghanischer Staatsangehöriger aus Pakistan in den vergangenen Tagen stark  zugenommen. Am 23.08.25 seien laut der von den Taliban geführten Flüchtlingskommission mindestens 3.381 Afghaninnen und Afghanen über die Grenzübergänge Torkham und Spin Boldak abgeschoben worden, am 22.08.2025 waren es 3.389 Personen, verglichen mit etwa 2.000 Personen am 21.08.2025.


Die täglichen Abschiebungen aus Iran blieben mit täglich etwa 3.000 bis 3.500 Personen konstant. So seien es am 23.08.25 beispielsweise 3.248 Afghaninnen und Afghanen gewesen. Laut offiziellen Zahlen habe Iran im Jahr 2025 bisher mindestens zwei Mio. afghanische Staatsangehörige abgeschoben.


Quellen:


1. AmuTV, Taliban call Afghanistan’s Independence Day ‘victory of the mujahideen’, last update 19.08.2025; AmuTV, Residents say Taliban seized homes in Bamiyan’s Punjab district, last update 21.08.2025; AmuTV, Sources: Taliban detain several women in northern Kabul, last update 22.08.2025; AmuTV, Sources: Taliban ban certain clothing for students, professors in universities, last update 23.08.2025; AmuTV, Sources: Several girls’ madrassas closed in Kabul, last update 23.08.2025; AmuTV, Taliban hang man in public in Herat after execution-style shooting: Sources, last update 24.08.2025.


2. UN Security Council, Twenty-first report of the Secretary-General on the threat posed by ISIL (Da’esh) to international Peace and security and the range of United Nations efforts in support of Member States in countering the threat, S/2025/496, last update 01.08.2025; AmuTV, ISIS-K poses major threat with 2,000 fighters in Afghanistan, UN says, last update 21.08.2025; AmuTV, Pakistan again presses Taliban to act against militant Groups, last update 21.08.2025; AmuTV, Report: Taliban pay $43,000 monthly to family of TTP leader, last update 19.08.2025; Afghanistan International, Pakistan Today: Afghan Taliban Provide Regular Funding To TTP, last update 19.08.2025; AmuTV, Taliban reject UNSC concerns over terrorists’ presence in Afghanistan, last update 22.08.2025.


3. AmuTV, Deportations of Afghan migrants from Pakistan surge, data shows, last update 24.08.2025.

Afghanische Flüchtlinge: Zahlen und Fakten

Seit Jahrzehnten sind Millionen Afghaninnen und Afghanen wegen wiederholter bewaffneter Konflikte auf der Flucht. Die meisten von ihnen leben entweder als Binnenflüchtlinge in Afghanistan oder in den Nachbarländern Iran und Pakistan. Deutschland ist auf Platz drei der Aufnahmeländer. 


Wer sind afghanische Geflüchtete? Und wie leben sie in Deutschland? Informationen dazu gibt es beim Mediendienst Integration unter: https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/afghanische-fluechtlinge.html

Informationen über Afghanistan in Wikipedia

Informationen über Afghanistan in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Afghanistan

Allgemeine Informationen über Asylrecht und Flucht

Asylrecht und Behördendschungel - Was muss ich beachten?

Was muss man wissen und beachten, wenn man Geflüchtete im Asylverfahren begleitet? In dieser Themenwelt hat die VHS alle wichtigen Informationen zum deutschen Asyl- und Aufenthaltsrecht sowie zum Umgang mit Behörden zusammengestellt: Asylrecht und Behördenschungel

Der Flüchtlingsrat Berlin e.V.

Im Flüchtlingsrat Berlin arbeiten seit 1981 Organisationen, Beratungsstellen, Flüchtlingsselbsthilfegruppen, Initiativen und engagierte Einzelpersonen zusammen. Sie setzen sich ein für die Verbesserung der Lebensbedingungen von geflüchteten Menschen und die Wahrung ihrer Menschenwürde. Die Verteidigung des Rechts auf Asyl und Flüchtlingsschutz sowie der Abbau staatlicher Diskriminierungen sind Ihre  wesentlichen Ziele. Sie sind im Land Berlin aktiv und kooperieren eng mit den Flüchtlingsräten der anderen Bundesländer und mit PRO ASYL: Flüchtlingsrat Berlin e.V.

Ratgeber für Geflüchtete in Berlin

Aktuell vom Flüchtlingsrat Berlin: Ratgeber für Geflüchtete in Berlin.
Behördenzuständigkeit, Aufenthalts- und Asylrecht, soziale Teilhabe. Stand 2017.
Leitfaden: Asylrecht in Deutschland
Das umfangreiche eBook "Leitfaden: Asylrecht in Deutschland" des Berufsverbandes der Rechtsjournalisten e.V. und weitere Informationen rund um das Thema können Sie hier herunterladen: Leitfaden: Asylrecht in Deutschland.

Die (Un-)Sicherheitslage in Afghanistan

Eine Zusammenstellung von Informationen und Hintergründen zur (Un-)Sicherheitslage in Afghanistan gibt es beim Flüchtlingsrat Berlin: "20.04.2018: Update – Unsicheres Afghanistan – Informationen und Hintergründe"